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Schwuler Schund


Über »Bronco, der Schnüffler« von Lars Waldner und die Anthologie »Pulp Friction« von Michael Bronski

Bronco der Schnüffler

Marktlücken sind bekanntlich rar gesät. Erst recht, wenn es um ein kleine Zielgruppe wie schwule und lesende Männer geht. Der Bruno Gmünder Verlag, einer der wenigen deutschen Verlage mit schwulem Schwerpunktprogramm, will nun eine solche Marktlücke entdeckt haben: schwule Pulp-Fiction. Vollmundig wird angekündigt, dass der Groschenroman lebt. Das erste Heftchen mit stramm gehefteten 53 Seiten gibt's in den (schwulen) Buchläden und trägt den aufregenden Titel "Bronco, der Schnüffler".

Doch bevor dieses neue Verlagserzeugnis näher unter die Lupe genommen werden soll, ein kurzer Blick zurück: Noch bis vor zwei Jahren beglückte Bruno Gmünder die schwule Zielgruppe mit einer eigenen, feinen Krimi-Reihe. "Bad Guys" hieß die und in ihr fanden sich Autoren wie Martin Arz, James Robert Baker oder Nathan Aldyne. Leider lief es nicht so gut mit den schlechten Jungs, weshalb die Reihe eingestellt wurde. Krimis verlegt Bruno Gmünder zwar weiterhin, aber die wenigen, die der Verlag noch veröffentlicht, werden im allgemeinen Programm versteckt. Zwischen klassischen Schnulzen wie "Ein Fall von Liebe", Coming Out Romanen wie "Der Irrläufer" und Sexratgebern findet sich zum Beispiel ein neuer Krimi von Martin Arz.

So ganz kann oder will Gmünder aber nicht ohne eigenes Krimiprogramm leben und schuf deshalb die Reihe "Crime", in der eben Heftromane erscheinen. In der ersten Ausgabe darf Bronco Baxter, der "schwule Jerry Cotton" wie ihn der Klappentext ankündigt, knallhart ermitteln. Geschaffen hat dieses Werk Lars Waldner, laut Selbstbeschreibung ein "ausgewiesener Kenner des amerikanischen Showbusiness". Da ist es nicht weiter verwunderlich, wenn in dieser putzigen Geschichte regelmäßig John Wayne, Cary Grant oder Shirley Tempel am Rande auftauchen. Im Mittelpunkt steht allerdings Broncos bestes Stück und seine diversen Begegnungen mit fremden Händen und Mündern ("Robbie blies richtig gut..."). Der Gelegenheitsdealer Bronco hat zudem eine Schwäche für Männersocken, getragene versteht sich. Wenn er diese nicht gerade vor seine Nase hält oder Koks unters Volk bringt, schnüffelt er einem gemeinen Fotografen hinterher, der seinen Freund Phil in eindeutigen Positionen ablichtete und die Bilder an gut zahlende ältere Herren verscherbelt. Das alles spielt im Jahre 1939 und schwule Pornografie (übrigens auch ein einträgliches Marktsegment aus dem Hause Gmünder) gab es selbst in New York noch nicht an jeder Straßenecke.

Pulp Friction

Spärlich ist auch die Krimihandlung in "Bronco, der Schnüffler". Von den auf dem Umschlag angepriesenen "Machenschaften" und "gefährlichen Gangstern" kann man leider nur wenig entdecken. Es sind eher die recht lustigen Beschreibungen des mann-männlichen Geschlechtsaktes, die in Baxters erstem Fall im Vordergrund stehen. Kurz: Dies ist trashige Unterhaltung, mit ganz wenig Krimi und fidelen zwischenmännlichen Begegnungen. Nur etwas haben die bei Gmünder wohl falsch verstanden: Mit einem gepfefferten Ladenpreis von 5,95 Euro ist das Heftchen alles andere als billig. Sollte er so bleiben dürfte die Lebenserwartung dieser Reihe wohl gering sein und schnell wieder in der Versenkung verschwinden.

Neu ist dies alles sowieso nicht. Schon zwischen den frühen amerikanischen Pulps finden sich immer wieder auch schwule Geschichten. Wer sich für diesen echten Schund interessiert, dem sei die vorzügliche Anthologie "Pulp Friction - Uncovering the Golden Age of Gay Male Pulps" von Michael Bronski empfohlen. Hier finden sich Auszüge aus schwulen Pulps aus den Jahren von 1950 bis 1978. Inhaltlich geht es um Krimis und schwule Liebesgeschichten - mal tragisch, mal mit Happy-End.

Schwerpunkt bilden die Jahre vor 1969, also vor Stonewall, und Bronski zeigt, dass es auch vor dem "Gay Movement" eine schwule, literarische Subkultur in den USA gegeben hat. Dazu gibt es eine kluge und aufschlußreiche Einführung in die Thematik. Bronski erklärt ausführlich die Unterschiede zwischen lesbischen und schwulen Pulps: Während lesbische Pulps sich zu wahren Rennern entwickelten, hatten schwule Pulps auf dem Markt nur wenig Chancen. Dazu kam regelmäßiger Ärger mit der Zensur. Wie dieser von den Autoren, unter denen sich so wichtige Namen wie Gore Vidal oder Joseph Hansen finden, geschickt umgangen wurde, zeigen einige der ausgewählten Texte. Für Pulp-Fans durchaus ein Lesevergnügen und ein recht günstiges noch dazu, denn die Originale haben heute Sammlerwert und sind schwer zu bekommen.

 

Lars Waldner: Bronco, der Schnüffler. Bronco Baxter... Sein erster Fall. Berlin: Bruno Gmünder, 2004. (Bruno Gmünder Crime 1), 53 S., 5,95 Euro (D).

Michael Bronski (Hrsg.): Pulp Friction. Uncovering the Golden Age of Gay Male Pulps. New York: St. Martin’s Griffin, 2003. 384 S., 14,95 US-Dollar.

 

© Ludger Menke, 2004

 

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