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"Donna und der Fettsack" - Ein Interview mit Helen Zahavi

 

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Bleischwere Substanz in luftigen Bildern: Sahnetoffees mit Bananenwirbeln, klebrige Absonderungen der Lust, honigverschmierte Sukkulenten und heißer Milchatem. Prosa, präzise bis an die Grenzen des Erträglichen. Ein derartiger Glücksgriff ist »Donna und der Fettsack« von Helen Zahavi (UT-metro), eine literarische tour de force der Rache: »Licht und Geschwindigkeit und Vergeltung«.

Wir freuen uns, daß die Londoner Autorin Zeit fand, auf unsere Fragen zu antworten: Alles über Rache, Beziehungen und Helen Zahavis Erfahrungen mit Waffen an der Schläfe erfahren Sie in unserem Interview.

 

Helen Zahavi kaliber .38: Helen Zahavi, wir wissen leider nur sehr wenig über Sie. Würden Sie uns ein paar Informationen geben?

Helen Zahavi: Geboren und aufgewachsen bin ich in London. Mein Vater stammt aus Polen, meine Großeltern mütterlicherseits kamen aus Odessa. Ich habe das College vor dem Abschluß abgebrochen und mich dann einige Zeit mit unterschiedlichen Jobs durchgeschlagen (immer nur Zeitarbeit, so konnte ich mir zumindest die Illusion von Freiheit bewahren).

kaliber .38: Wie begann ihre schriftstellerische Karriere?

Helen Zahavi: Ich lebte in Brighton, eine rauhe Stadt an der englischen Südküste, in der Gewalt an der Tagesordnung war. Damals arbeitete ich als Übersetzerin aus dem Russischen. Eines abends wollte ich die Vorhänge in meinem Schlafzimmer zuziehen und sah im Haus gegenüber einen Mann, der mich durch mein Fenster anstarrte. Er fing an, mich täglich anzurufen: manchmal sagte er nichts, manchmal beschimpfte er mich. Ich kam mir völlig ausgeliefert vor, als säße ich in einer Falle. Irgendwann wachte ich morgens auf, und es machte "klick" in meinem Kopf. Ich schaute rüber zu seinem Fenster und dachte: Warum habe ich Angst vor ihm? Warum hat er keine Angst vor mir? Das war das erste Mal in meinem Leben, daß ich mich als Täter und nicht als mögliches Opfer sah. Es war ein unglaublich befreiender Moment, wie eine Katharsis, eine völlige Bewußtseinsänderung. Ich stellte mir vor, was ich ihm alles antun wollte, und schrieb meine Gedanken auf. Das war dann die Grundlage meines ersten Romans, "Schmutziges Wochenende".

kaliber .38: Sie haben in knapp zehn Jahren nur drei Romane veröffentlicht. Verbringen Sie viel Zeit mit der Überarbeitung Ihrer Manuskripte?

Helen Zahavi: Ja.

Donna und der Fettsack kaliber .38: Kommen wir zu "Donna und der Fettsack". Wie würden Sie Donna und ihre Welt beschreiben?

Helen Zahavi: Donna ist jung und sinnlich, zynisch, abgebrüht durch ihre Erfahrungen auf der Straße. Sie ist eine der letzten Kriegerinnen im Klassenkampf. Ihr Credo schreibt sie mit Lippenstift auf Henrys demolierten Wagen: "Eat the Rich - Donna Bitch". Die Welt, in der sie lebt, ist bösartig und feindlich, und wenn sie überleben will, muß sie immer auf der Hut sein.

kaliber .38: Sie zeichnen ein sehr genaues Bild von Henry, dem Schutzgelderpresser und Kredithai, sowohl körperlich als auch psychisch. Finden Sie Gangster faszinierend?

Helen Zahavi: Ich wollte schon immer die kriminelle Seele ergründen, seit sich ein ehemaliger Freund in einem Streit durchgesetzt hat, indem er mir eine Knarre an den Kopf hielt.

Dirty Weekend kaliber .38: In "Donna und der Fettsack" zeigen Sie uns zwei unterschiedliche Formen der Gewalt: Henry benutzt Gewalt als Selbstzweck, als ein Mittel, um seine Macht zu zeigen. Donna und ihr Freund Joe dagegen wenden Gewalt an um Rache zu üben, und sie genießen es. Rache ist süß, aber wie süß ist Gewalt?

Helen Zahavi: Ja, sicher, Rache ist süß, und im gewissen Sinne ist die gewaltsame Rache die süßeste von allen. Sie hat etwas Endgültiges an sich, etwas Eindeutiges, das einer bedürftigen Seele Trost spenden kann. Wie Joe bemerkt, während er langsam den Mann erwürgt, der ihn bei der Vergewaltigung festgehalten hatte: "Man sagt immer: Rache ist süß. Aber sie ist mehr als süß. Sie ist Sahnepudding."

kaliber .38: Sie scheinen nicht an klassische Liebesbeziehungen zu glauben? Was geht schief in den modernen Beziehungen?

Helen Zahavi: Die Beziehungen, die ich beschreibe, basieren auf Angst und Leidenschaft, auf Wut und Lust. In diesem Sinne, würde ich sagen, sind es doch klassische Liebesbeziehungen.

Dirty Games kaliber .38: Woran arbeiten Sie derzeit? Dürfen wir uns schon auf einen neuen Helen-Zahavi-Roman freuen?

Helen Zahavi: Ich schreibe gerade an einem weiteren Kriminalroman, der in London spielt. Ich hoffe, daß das Buch in den nächsten Monaten fertig wird.

kaliber .38: Helen Zahavi, herzlichen Dank für das Interview. Wir wünschen Ihnen alles Gute für "Donna und der Fettsack" und hoffen, daß Ihr Buch den Erfolg hat, den es verdient.

Helen Zahavi: Vielen Dank, und alles Gute für kaliber .38.

 

Herzlichen Dank an Robin Benson, Kathrin Passig, Don MacCoitir und Louisa MacDonnell.

 

Helen Zahavi: Die Bibliographie

 

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