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Gesunde Paranoia ist schon immer ein sinnvoller Bestandteil guter Polit-Thriller. Gute Polit-Thriller wiederum könnte man beschreiben als die Art von Literatur, die mit grundsätzlicher Skepsis gegen jede Art von offizieller Verlautbarung über politische Ereignisse und Handlungen den bösen Blick des "schlimmsten Falles" mobilisiert, nach dem Motto: "Es ist alles noch viel, viel scheußlicher". Gesunde Paranoia ist natürlich auch gegenüber dieser prinzipiellen Paranoia geboten, denn die läßt alles allzu leicht undurchsichtig, geheimnisvoll, düster-intrigant und gefährlich aussehen. Das darf man natürlich auch skeptisch sehen, wenn man nicht zum naiven Verschwörungstheoretiker werden will - Sie merken, die Dinge verkehren sich leicht ins Komische.
Genau über diese doppelte Volte hat der amerikanische Journalist und Romancier John Welter einen komödiantischen Roman zwischen Prusten und leichtem Kichern geschrieben: "Deckname Kugelfisch", im Original noch schöner "Night of the Avenging Blowfish". Die "rachedurstigen Kugelfische" sind das Baseball-Team des Secret Service (also des jenes Geheimdiensts, dem auch die Leibwächter des Präsidenten unterstehen), das gegen eine ebenso geheime Truppe der CIA ein Match vereinbart hat, wobei alles so geheim bleiben muß, daß niemand, auch nicht der Secret Service und die CIA, wissen darf, wo und wann das Spiel stattfinden wird. Natürlich nachts.
Aber das ist nur eine Episode des fortlaufenden Irrsinns, die sich durch den ganzen Roman zieht. Eine andere handelt von den Folgen einer Bosheit des Chefkochs des Weißen Hauses, der zum Staatsempfang des britischen Premierministers nicht nur Katzenfutter auf Cracker, was niemand bemerkt, serviert, sondern auch schick aufgemotztes Dosenfleisch, was auffliegt. Die hohen Herrschaften sind natürlich empört, der mittlerweile gefeuerte Koch rächt sich fürchterlich, indem er via Washington Post verbreitet, was gut genug sei für alle durchschnittlichen Amerikaner, sei wohl zu schäbig für Mr. President. Ich möchte hier nicht verraten, wie der gnadenlos populistische Präsident, den wir alle kennen, darauf reagiert und weshalb er am Ende veganische Terroristen am Hals hat.
Aber recht eigentlich geht es in dem Buch um den Präsidenten-Leibwächter Doyle Coldiron, der zwar den gleichen Job wie Clint Eastwood in dem diesbezüglichen Film von Wolfgang Petersen, aber unter einer ganz anderen Prämisse zu leiden hat: "Es verging kaum ein Tag, an dem nicht Dutzende von Leuten in aller Herren Länder heimlich keinerlei Pläne schmiedeten, den Präsidenten zu töten. Ungezählte Dollarmillionen wurden jedes Jahr für die großzügigsten und umfangsreichsten Maßnahmen ausgegeben, den Präsidenten vor den Myriaden von Bedrohungen zu schützen, die es nicht gab."
Kurz, Coldirons Leben ist öde und fad und so geheim, daß nicht mal befriedigende Beziehungen zu Frauen drin snd. Er hat dauernd mit Frauen zu tun, die er nicht kennenlernen wird. Und als er sich dann doch ernsthaft verliebt, wird er angeschossen: Bei einem Sicherheitscheck in einer Küche, auf der vorschriftsmäßigen Suche nach - "scharfkantigen Fritten".
Es ist schon so eine Sache mit der Paranoia, wobei selbst die übelsten Halluzinationen nicht weiter helfen. "Ich halluziniere nicht", sagt Coldiron einmal resigniert. "Die Realität ist seltsam genug. Und Halluzinationen gehen wenigstens wieder weg. Die Realität nicht.". John Welters flinker kleiner Roman ist ein Beleg mehr dafür, daß sich gute Literatur auf hallunizatorischem Weg aus der Realität, die, wie man's dreht und wendet, nicht weg geht, gewinnen läßt.
© Thomas Wörtche
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John Welter: |
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