kaliber .38 - krimis im internet

 

Krimi-Auslese 01/2002

 

Studiert man die Verlagsvorschauen, die in diesen Tagen mit zahlreichen bunten Bildchen und in meist schrillen Tönen die kommenden Titel anpreisen, zeichnet sich ein neuer Trend ab - Ramsch. Heyne und Wunderlich bieten schon länger Bücher zu Dumpingpreisen an. Piper hat jetzt nachgelegt mit einer Reihe, die Boulevard heißt. Auch Goldmann will einen Stück vom Kuchen und schmeisst unter dem Label Portobello alte Lagerbestände neu ins Rennen. Jeder Titel für schlappe fünf Euro. Ohne den lästigen Umweg über den klassischen Buchhandel wird das Buch nun endlich seiner wahren Bestimmung zugeführt - dem Grabbeltisch.

Gleich für den Grabbeltisch geschrieben ist augenscheinlich der folgende Text, den wir der aktuellen Vorschau des Hamburger Rotbuch Verlags entnehmen:

Ja, Mike Hammer ist zurück ... und steckt noch tiefer im Schlamassel als bisher. Er muss den Mord an einem alten Army-Kumpel rächen. Er muss gegen zwei Generationen einer Mafia-Familie in deren Spiel gewinnen. Bei einer Schießerei im New Yorker Hafen werden seine Eingeweide zerfetzt. Und, als hätte er damit noch nicht genug, muss er auch noch einen Koffer mit sage und schreibe 89 Milliarden Dollar in einem Dickicht aus falschen Spuren, Lügengeschichten, Betrügereien und tödlichen Kurven finden, bevor die Gangster das Geld zu fassen und ihn zu Gesicht kriegen. (...) Ja, Mike Hammer ist zurück, und wie. Zusammen mit seinem Schöpfer Mickey Spillane immer noch so erschütternd wie ein gerader Rechte.

Was immer die Kollegen in Hamburg nehmen, ich will auch was davon!

 

Flucht aus Havanna Der Kubaner José Latour, der in Havanna lebt, hat einen Roman geschrieben, der weitenteils in Florida spielt. Das ist an sich nicht sonderlich bemerkenswert - bemerkenswert allerdings ist, dass er den Roman in Englisch geschrieben hat.

Elliot Steil, 44 Jahre, ist der Spross einer kubanischen Mutter und eines amerikanischen Vaters und lebt in Havanna. Steil ist ein erstklassiger Experte der englischen Sprache, doch statt Karriere etwa als Übersetzer im Dienste der Regierung zu machen, versauert er als Englischlehrer am Polytechnischen Institut. Als Sohn eines amerikanischen Staatsbürgers ohnehin unter Generalverdacht, gilt auch sein Lebenswandel als wenig revolutionär. Alkohol und die Jagd nach Frauen sind seine "Heilmittel gegen ein leeres und gescheitertes Dasein".

Eines Tages bekommt der biedere Lehrer Besuch von dem Amerikaner Dan Gastler. Gastler stellt sich als Privatdetektiv vor und überbringt Steil die Nachricht vom Tod seines Vaters, den der Kubaner seit 34 Jahren nicht mehr gesehen hat. Als Freundschaftsdienst an dem Verstorbenen, der Gastler im 2. Weltkrieg das Leben gerettet habe, will der Privatdetektiv Eliot zur Flucht aus Havanna verhelfen. Zunächst lehnt Steil das Angebot ab, doch nach längerem Überlegen lenkt er ein. Steil kann nicht länger ertragen, dass

"irgendwelche Unbekannte hinter verschlossenen Türen unwiderrufliche Entscheidungen - im wesentlichen auf gesinnungspolitischen Gründen beruhend und ungestraft - über nicht anwesende Dritte trafen. Sie entschieden, wer die Beförderung bekam, die Wohnung, das neue Auto oder den Magisterstudiengang im Ausland. Wer mit Ausländern arbeiten durfte und wer nicht. Wer gut und wer böse war. Es gab keinen Mittelweg, keinen neunzigprozentigen Revolutionär. Wer nicht mit jeder einzelnen politischen oder regierungsamtlichen Maßnahme einverstanden war, wurde als potentieller Feind betrachtet."

Nach mehrtägiger Vorbereitung in Havanna gelingt den Männern die Flucht auf Gastlers Zehn-Meter-Jacht. Schon weit in internationalen Gewässern, wähnt Steil sich in Sicherheit und berauscht sich mit Hochprozentigem. Urplötzlich stößt Gastler den verdutzten Lehrer ins Wasser und dreht mit seinem Boot ab...

Nur knapp entgeht Eliot Steil dem Mordanschlag - kubanische Flüchtlinge zerren den völlig Erschöpften auf ihr Floß. Als Steil schließlich in Florida ankommt, beginnt die Verwandlung des redlichen Mannes "in einen janusköpfigen Dreckskerl". Er schlüpft in eine neue Identität und macht sich auf die Suche nach dem Privatdetektiven. Einziger Anhaltspunkt ist Gastlers Uhr, deren Verkaufswert ausreichen würde, um in Florida ein Jahr lang unbeschwert zu leben. Steil will Rache - und eine Antwort auf die Frage, warum jemand einen harmlosen kubanischen Englischlehrer umbringen will.

»Flucht aus Havanna« lautet der Titel des weitgehend gelungenen Romans José Latours. Mit seiner Hauptfigur Eliot Steil hat der kubanische Autor einen überzeugenden Charakter geschaffen, ein - im wahrsten Sinne des Wortes - Ausgestoßener, der weder in Kuba noch in Florida richtig heimisch wird. Durch die kulturelle Doppelidentität seines Protagonisten gelingt es Latour, einen scharfen und ätzenden Blick auf die Gesellschaften beiderseits der Floridastraße zu werfen. Die Geschichte allerdings hängt ein bißchen durch. Auch ist Latours Sprache zu steril - beim Ringen um grammatical correctness hat Latour die Poesie gleich mitgemeuchelt.

José Latour: Flucht aus Havanna. (Outcast, 1999). Roman. Aus dem Englischen von Stephan Steeger. Deutsche Erstausgabe. München: Goldmann, 2001 (Goldmann Taschenbuch Nr. 44901), 384 S., 9.00 Euro (D)

 

Der unglückliche Mörder Es mag an der "Leidenschaft fürs Mittelmaß" liegen, die Umberto Eco - nicht nur, aber auch - den Deutschen attestierte, dass die Bücher der skandinavischen Trauerweiden bei uns rauschende Erfolge feiern. Die Romane Håkan Nessers um Kommissar Van Veeteren gehören zum gehobenen Mittelmaß und sind damit proportional weniger erfolgreich. Das ist bedauerlich. Auch wenn man das jüngste Produkt gleich in die Mülltonne kloppen möchte. Das liegt erstens am Titel »Der unglückliche Mörder«. Mmh. Ein Schurke mit Depressionen? Ein Killer mit Tränen vielleicht? Und das liegt zweitens am ersten Satz: "Der Junge, der bald sterben würde...". Dräut da etwa wieder Ungemach? Düstere Schicksalswolken am regenverhangenen Horizont? Wer solche Vorbehalte zurückstellt wird doch noch mit einem kühl und schlüssig geplottetem Kriminalroman belohnt.

Erich van Veeteren, Sohn der Serienfigur Håkan Nessers, wird erschlagen auf einem Parkplatz gefunden. Der Filius des Kommissars hatte sich gerade nach mehreren Drogendelikten berappelt und im bürgerlichen Leben einigermaßen Fuß gefasst, seine Freundin Marlene erwartet ein Kind. Der Mordfall hat für Kommissar Reinhart und sein Team absolute Priorität, und das Ermittlungsmaterial nimmt schnell das Ausmaß eines Präsidentenmordes an. Doch eine erfolgversprechende Spur finden die Cops in Maardam nicht.

Dann wird die Krankenschwester Vera Miller ebenfalls erschlagen aufgefunden. Beiden Opfern wurden ihre tödlichen Verletzungen auf die gleiche Art und mit dem gleichen Gegenstand zugefügt. Doch worin besteht die Verbindung zwischen Erich van Veeteren, dem Polizistensohn, und der Krankenschwester, die sich offensichtlich persönlich nicht gekannt hatten?

Håkan Nesser ist wohl der realistischste unter den zeitgenössischen schwedischen Krimiautoren. Er folgt den Polizisten bei ihrer Arbeit, auch wenn diese in Sackgassen führt. Geschickt zerlegt er seine Story und verteilt sie auf den Schultern mehrerer Charaktere, so daß keine Figur unter einer überbordenden Last zusammenbricht.

Nessers Szenario ist kühl und plausibel: "Der Junge, der bald sterben würde", verliert sein Leben in einem Verkehrsunfall mit Fahrerflucht. Der Täter wird das Opfer einer Erpressung - vielleicht nicht das schlimmste, aber gewiss das niederträchtigste aller Verbrechen. So zwangsläufig wie der Lauf einer Billiardkugel den der anderen bestimmt, wenn sie aufeinanderprallen, so entfaltet sich die Geschichte in Nessers Roman. Die eine Tat zieht die andere notwendig nach sich. Und so finden Kommissar Reinhart und sein Team schließlich die entscheidenden Hinweise:

»Metastasen«, sagte Reinhart. »Es muss noch mehr passieren. Das versuche ich zu erklären. Wenn du nur ein isoliertes Verbrechen begehst - jemanden umbringst, eine Bank überfällst oder was auch immer - und es dabei belässt, ja, dann hast du ziemlich gute Chancen, dich der Gerechtigkeit zu entziehen. Vor allem, wenn du ansonsten ein einigermaßen rechtschaffener Mitbürger bist. Aber normalerweise bleibt es nicht bei diesem Muttergeschwulststadium ... das Verbrechen entwickelt Metastasen, die entdecken wir, wir stellen fest, woher sie stammen, und dann können wir den ganzen Scheiß lösen. Kommst du noch mit?«

»Der unglückliche Mörder« ist nicht der pageturner, über dessen Lektüre man die Welt draußen ausschließen möchte, aber doch so solide gemacht, dass man die kommenden Bücher Håkan Nessers wieder in die Hand nehmen wird.

Håkan Nesser: Der unglückliche Mörder. (Carambole, 1999). Roman. Aus dem Schwedischen von Gabriele Haefs. Deutsche Erstausgabe. München: btb bei Goldmann, 2001 (btb Taschenbuch Nr. 72628), 320 S., 9.00 Euro (D)

 

Kommissar Laviolettes Geheimnis Es gehört sich nicht, auf ein Buchcover Roman zu schreiben, wenn sich darin Erzählungen verbergen. Das ist das Manko an »Kommissar Laviolettes Geheimnis« des Franzosen Pierre Magnan. Das einzige Manko - denn der Leser wird derart mit praller Literatur umschmeichelt, dass es einem ganz wohlig ums Herz wird.

Kommissar Laviolette ist ein bekennender Menschenhasser:

»Sie haben sich vielleicht gefragt, sagte Laviolette, warum ich in den Mundwinkeln diese tiefen Bitterkeitsfalten habe, mit denen ich aussehe wie ein alter Vorsteherhund? Ich habe sie schon sehr früh bekommen. Ebenso bin ich sehr früh dick geworden. Eines Tages habe ich zu essen angefangen, um mich über die Menschen hinwegzutrösten, so wie manche Frauen frühzeitig zu essen anfangen, um sich über die dahingeschiedene Liebe hinwegzutrösten.
      Häufig glauben die Leute, dicke Menschen seien Frohnaturen. Ich selbst bemühe mich nach Kräften, es zu sein. Wer mich sieht, sagt: Das ist ein gutmütiger Dicker! Nein, ich bin ein bösartiger Dicker. Ein Dicker, der ein wirklicher Menschenfeind ist...«

Die drei Geschichten erzählen von weit in der Vergangenheit liegenden Ereignissen, die aber ihren Schatten bis in die Gegenwart des brummigen Kommissars werfen: »Die Signallaterne« erzählt von einer alten Frau, deren Leben sich in "einer großen Unglücksspirale" vollzog. Ihre drei Ehemänner verstarben alle im Dienste der Eisenbahn, wobei dem unsachgemäßen Hantieren mit einer 135er Signallaterne entscheidender Anteil ihrem Ableben zugeschrieben werden darf. In »Der Veilchenstrauß« (sic!) berichtet Laviolette/Magnan von einem schaurigen religiösen Ritual an einer untreuen Ehefrau, dem er zufällig auf einer Spanienreise beiwohnen musste, und das sein Gewissen bis zu einer blutigen Auseinandersetzung Jahre später belastet. »Die Eiche« schließlich - nicht nur vom Umfang her wohl die zentrale Erzählung des Bandes - handelt von einem uralten Baum, der augenscheinlich brennt. Mit den Flammen kündet der Orakelbaum vom nahen Tod eines Passanten. Allerdings brennt die Eiche immer nur in den Augen der Zeugen, nicht für denjenigen, der sterben wird:

’Der frisch gestriegelte Wallach trabte feierlich dahin, die Hufe mit schwarzer Wichse eingerieben. Gemächlich - wie es sich gehört für Leute, die sich unterwegs häufig küssen - waren sie bei der Eiche angekommen. Sie waren im Begriff, auf die Landstraße von Céreste und Apte einzubiegen. Und plötzlich rief der frisch Vermählte:
      »Oh! Liebling! Schau! Der Baum brennt!«
      Für ihn war es lediglich ein Ausruf der Angst beim Anblick eines Brandes, der sich ausbreiten könnte, denn er wusste ja nichts über den Baum, aber für sie war es ein Todesurteil, denn in ihren Augen schimmerte die Eiche einfach nur grün in der lauen Abendbrise. Sie offenbarte ihr nichts anderes als die Sanftheit der ruhigen Dinge ohne Arglist.'

Magnans Erzählungen sind grandiose Prosastücke, eher Novellen als Short Stories, vorgetragen in eigentümlich gebrochener Erzählstruktur: Der Text steht da, wie in direkter Rede, doch kaum merklich verschiebt sich das erzählende Ich durch mehrere Instanzen. Magnan schaut genau hin und nimmt sich Zeit - eine Eigenschaft die in der aktuellen Kriminalliteratur selten ist, weil viele Autoren den rasanten Schnitten des Kinos nacheifern. Der Autor, Jahrgang 1922, schreibt wohltuend altmodisch und demaskiert mit seiner blitzgescheiten Prosa manches Experiment auch der französischen série noire als ästhetische Pose. Seine Erzählungen passen im Bücherregal eher zu Heinrich Kleist als, sagen wir: zu Jean-Bernard Pouy.

Eine fantastische Übersetzungsleistung.

Pierre Magnan: Kommissar Laviolettes Geheimnis. (Les Secrets de Laviolette). Aus dem Französischen von Irène Kuhn und Ralf Stamm. Deutsche Erstausgabe. Bern u.a.: Scherz, 2001, 224 S., 7.90 Euro (D)

 

Schwarze Engel Die kürzeste Eisenbahnstrecke der Welt befindet sich in Los Angeles. Sie hat den putzigen Namen "Angel's Flight", und besteht aus zwei orange-schwarzen Wagen, die seit 1901 gemächlich den gut einhundert Meter hohen Bunker Hill erklimmen. "Angel's Flight" ist eine Standseilbahn und ihre beiden Wagen "Sinai" und "Olivet" fungieren jeweils als Gegengewicht - fährt Sinai nach unten, zieht der Wagen Olivet nach oben.

"Angel's Flight" ist der Schauplatz eines Doppelmordes - in Michael Connellys gleichnamigen Roman, dessen deutsche Version den Titel "Schwarze Engel" trägt. Eines der beiden Mordopfer ist der prominente schwarze Anwalt Howard Elias, der sich darauf spezialisiert hat, seine meist zweilichtigen Mandanten in Prozessen gegen das Los Angeles Police Department zu vertreten. Geschickt versteht es Elias, nach den brutalen Übergriffen gegen Rodney King 1992 nicht nur im Gerichtssaal, sondern auch in den Medien den tief sitzenden Argwohn gegen die Polizei zu seinen Gunsten zu nutzen. Bei den Schwarzen im Süden der Stadt genießt er sogar den Ruf, die "außer Kontrolle geratene Polizei (...) ganz allein daran gehindert zu haben, wie eine Besatzungsarmee aufzutreten".

Wurde der wohlhabende Anwalt Opfer eines Raubmordes? Zwar fehlen dem Toten Brieftasche und seine exklusive Armbanduhr, doch gleichen die Umstände des Doppelmordes eher einer Exekution. Harry Bosch von der Hollywood Division und seine - schwarzen - Partner Edgar und Rider stehen unter enormen Druck: Weite Teile der Bevölkerung bringen Howards Ermordung in Zusammenhang mit einem Aufsehen erregenden Prozeß, der in zwei Tagen eröffnet werden sollte - ein Strafverfahren gegen diverse Cops, die der brutalen Misshandlung eines Mordverdächtigen beschuldigt sind. Unter den angeklagten Polizisten ist auch Detective Sheehan, Boschs ehemaliger Partner und Freund.

Cops ermitteln gegen Cops - der Fall ist "mindestens auf Stufe sieben der Richterskala für Medienbeben" anzusiedeln. Die Öffentlichkeit erwartet schnelle Resultate, ebenso der neue Polizeipräsident und sein Stellvertreter. Um der aufgebrachten Bevölkerung ein unvoreingenommenes Ermittlungsverfahren zu garantieren, bekommt Harry Bosch nicht nur seinen Intimfeind - Detective Chastain von Internal Affairs -, sondern auch ein Team des FBI zur Seite gestellt. Und über allen Ermittlern thront Carla Entrenkin, die den neugeschaffenen Posten des Inspector Generals bekleidet. Der Posten ist eine vertrauensbildende Maßnahme, den eine Zivilperson übernimmt, die nicht der Polizei untersteht, aber uneingeschränkte Befugnisse hat, Ermittlungsverfahren zu überwachen.

"Ich will mit dieser ganzen Politik nichts am Hut haben (...). Ich möchte mich nur darauf konzentrieren, meine Fälle zu lösen", sagt Harry Bosch. Doch in diesem Fall muss er erkennen, dass alle polizeilichen Entscheidungen auch politische Auswirkungen haben - gravierende politische Auswirkungen. Und mindestens einer in Boschs Team spielt mit gezinkten Karten - Beweismaterial verschwindet und ein vorlauter Fernsehreporter wird regelmäßig mit Insiderinformationen gefüttert.

"Schwarze Engel" ist ein fulminanter Polizeiroman mit diversen politischen Fallstricken, eine rasante Achterbahnfahrt, die nichts gemein hat mit dem gemütlichen Zuckeln der historischen Standseilbahn "Angel's Flight". Connelly beschreibt eine Stadt, in der nach den brutalen Polizeiübergriffen auf Rodney King 1992 und dem O.J. Simpson-Fall, der den Riss zwischen Schwarz und Weiß weiter verschärfte, tiefes Misstrauen herrscht - vor allem gegen die Polizei. Dabei zeichnet Michael Connelly ein komplexes und sehr differenziertes Bild und lässt auch die bizarren Seiten nicht aus:

»Jedenfalls, das Bild von zweiundneunzig, das bei mir hängengeblieben ist, ist Frederick's of Hollywood.«
»Dieses Reizwäschekaufhaus?«
Bosch nickte.
»Es wimmelte von Menschen, als ich hinkam. Menschen aller Rassen und Altersstufen. Sie waren vollkommen außer Rand und Band. In fünfzehn Minuten hatten sie den Laden komplett ausgeräumt (...), und das Verrückte daran ist, es gab dort nichts als Unterwäsche. Vier Cops werden nicht verurteilt, obwohl ein Video existiert, auf dem zu sehen ist, wie sie Rodney King zusammenschlagen. Und was machen die Leute? Sie drehen durch und klauen Unterwäsche.«

Mit "Schwarze Engel" hat Michael Connelly einmal mehr unter Beweis gestellt, dass er einer der besten und vielschichtigsten Chronisten des zeitgenössischen Los Angeles' ist.

Michael Connelly: Schwarze Engel. (Angel's Flight, 1998). Roman. Aus dem Amerikanischen von Sepp Leeb. München: Heyne Taschenbuch Verlag, 2001, 412 S., 7.95 Euro (D)

 

© j.c.schmidt, 2002

 

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